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Sonderregelungen Corona-Pandemie

Der Gesetzgeber hat nunmehr am 30.03.2020 gesetzliche Sonderregelungen anlässlich der Corona-Pandemie erlassen. Hier sind die wichtigsten Punkte:

1. Insolvenzrecht

Die zeitweise Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30.09.2020 ist beschlossen worden.

Dies gilt nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Corona-Pandemie beruht. Es wird allerdings gesetzlich vermutet, dass alle Unternehmen, die am 31.12.2019 nicht zahlungsunfähig waren, die Folgen der Corona-Pandemie begründen können und die eingetretene Zahlungsunfähigkeit auch wieder beseitigt werden kann.

Praktisch bedeutet dies, dass jedes Unternehmen, das sich in der Krise sieht, einen Liquiditätsstatus zum 31.12.2019 erstellen sollte, um eine später eingetretene Insolvenzlage, die auf der Corona-Pandemie beruht, nachweisen zu können.

Fragen Sie Ihren Steuerberater nach einer entsprechenden Bestätigung!

Dies ändert natürlich nichts daran, dass Insolvenzanträge dennoch zulässig sind, wenn der Antragsteller zahlungsunfähig und/oder überschuldet ist.

2. Haftung für GmbH-Geschäftsführer

Für GmbH-Geschäftsführer gilt eine ausgesprochen rigide Haftung hinsichtlich des Eintritts der Insolvenzreife, vgl. § 64 GmbHG.

Hier hat der Gesetzgeber reagiert und geregelt, dass sämtliche Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters im Sinne des § 64 Satz 2 GmbHG vereinbar gelten.

Wenn Sie Geschäftsführer sind, sollten Sie sich von Ihrem Steuerberater die bestehende Zahlungsfähigkeit am 31.12.2019 nachweisen lassen.

3. Gläubigerbenachteiligung

Neue Regelungen gibt es auch in Sachen Gläubigerbenachteiligung, da es hier ausgesprochen umfangreiche Risiken bei der Rückzahlung von Darlehen im Krisenzeitraum oder vergleichbare Regelungen in Sachen Sicherheiten und Verkürzung von Zahlungszielen oder Gewährung von Zahlungserleichterungen und Zahlungen durch Dritte gibt. Nunmehr werden solche Regelungen als in der Regel nicht anfechtbar dargestellt.

4. Leistungsverweigerungsrecht

§ 1 des Art. 240 des Einführungsgesetzes zum BGB verhängt ein Moratorium, nach dem Verbraucher das Recht haben, ihre Leistungen aus einem wesentlichen Dauerschuldverhältnis eines Verbrauchervertrages zu verweigern, wenn sie in Folge von Umständen, die auf die Ausbreitung der Corona-Pandemie zurückzuführen sind, ihre Leistungen nicht erbringen können oder sie zwar erbringen könnten, dabei aber den angemessenen Lebensunterhalt bzw. den ihrer Familie gefährden würden.

Für Kleinstunternehmer gilt dies hinsichtlich aller wesentlichen Dauerschuldverhältnisse, wenn die Pflichten aus dem Vertrag nicht erbracht werden können oder bei Erfüllung der Pflichten die wirtschaftlichen Grundlagen des Betriebs gefährdet wären.

Voraussetzung ist allerdings, dass die Ansprüche aus einem Vertrag stammen, der vor dem 08.03.2020 geschlossen wurde.

Dieses Moratorium gilt bis zum 30.09.2020, kann jedoch durch Rechtsverordnung bis zum 31.07.2021 verlängert werden. Als Verbraucher soll hier eine Person immer dann gelten, wenn sie ein Rechtsgeschäft abschließt, dessen Zwecke überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugeordnet werden können.

Als Kleinstunternehmer definiert werden Unternehmer mit maximal 9 Arbeitnehmern sowie einem Umsatz von maximal € 2. Mio pro Jahr und einer Bilanzsumme von ebenfalls € 2. Mio. Bei der Anzahl der Mitarbeiter zählt Jeder, der in einem Unternehmen während des gesamten Berichtsjahres einer Vollzeitbeschäftigung nachgegangen ist als eine Einheit. Teilzeitbeschäftigte, Saisonarbeitskräfte und Personen, die nicht das ganze Jahr gearbeitet haben, sind anteilig anzurechnen. Auszubildende zählen nicht mit.

Als Dauerschuldverhältnisse gelten Verträge mit Vereinbarungen für ein fortlaufendes Handeln, Unterlassen oder Verhalten, die eine sich mehr oder weniger regelmäßig wiederholende Leistung und Gegenleistung zum Inhalt haben, also beispielsweise Arbeitsverträge, Dienstleistungsverträge, Leasing- oder Mietverträge. Nicht umfasst sind einmalige Verträge wie Kaufverträge.

Als wesentliches Dauerschuldverhältnis gilt bei Verbrauchern beispielsweise ein Strom-, Gaslieferungs- oder Wasserlieferungsvertrag, ein Telekommunikationsvertrag oder Verträge zu Pflichtversicherungen.

Unterhaltsleistungen an Angehörige fallen nicht darunter!

Die Ausübung von Leistungsverweigerungsrechten soll unzulässig sein, wenn sie für den Gläubiger unzumutbar sind oder aber völkerrechtlichen Regelungen über die Beförderung und Lieferung von Gütern entgegenstehen würden.

Für Mietverträge und Darlehensverträge gelten Sonderregelungen.

Das Moratorium bedeutet, dass der Schuldner ein Leistungsverweigerungsrecht hat.

Dies muss er jedoch ausüben, also seinem Vertragspartner mitteilen, dass er coronabedingt keine Zahlungen leisten kann und wird dies auch nachweisen müssen bzw. glaubhaft machen müssen.

Sollten Sie ein Leistungsverweigerungsrecht ausüben wollen, so üben Sie dies nachweisbar aus, also per E-Mail oder schriftlich.

Wenn Sie Ihr Leistungsverweigerungsrecht erfolgreich ausgeübt haben, so bedeutet dies, dass Sie nicht in Verzug geraten, somit auch keine Verzugszinsen fällig sind und Sie auch nicht Anwaltskosten des Gläubigers tragen müssen.

Sollte das Moratorium nicht verlängert werden, so werden jedoch alle aufgeschobenen Zahlungen am 01.07.2020 fällig!

Treffen Sie vorsorgliche Regelungen, damit Sie nicht am 01.07.2020 vor unüberwindbaren Hürden stehen.

Für Mieter gilt, dass dann, wenn er vom 01.04. bis 30.09.2020 die Miete nicht zahlen kann, vermutet wird, dass es einen Zusammenhang zwischen der Pandemie und der Nichtleistung gibt, so dass der Vermieter in diesem Zeitraum das Mietverhältnis deswegen nicht kündigen kann.

Allerdings bleibt die Miete fällig, so dass auch Verzugszinsen anfallen. Sonstige Kündigungsrechte bleiben hiervon unberührt!

Die Regelung gilt auch für Gewerbemietverhältnisse.

Auch für das Darlehensrecht gibt es Sonderregelungen. Ansprüche aus Verbraucherdarlehensverträgen, die vor dem 08.03.2020 abgeschlossen wurden, gelten im Zeitraum zwischen dem 01.04. und 30.09.2020 für die Dauer von 6 Monaten vom Fälligkeitstag an gerechnet als gestundet. Auch hier gibt es wieder eine Vermutungsregelung dahingehend, dass die Einnahmeausfälle auf der Corona-Pandemie beruhen.

Kündigungen des Darlehensgebers wegen Zahlungsverzugs oder wesentlich verschlechternde Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers sind bis zum 30.09.2020 ausgeschlossen.

Davon abweichende Vereinbarungen sind zulässig, allerdings nur zu Gunsten des Darlehensnehmers.

Diese Regelung gilt nicht für gewerbliche Darlehensverhältnisse!

5. Kurzarbeitergeld

Jedes Unternehmen, das mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigt, kann Kurzarbeitergeld beantragen. Hier haben die Medien bereits ausführlich berichtet.

6. Sozialversicherungsrecht

Im Sozialversicherungsrecht haben die Kassen ihre Bereitschaft zur Stundung von Beiträgen für April und Mai 2020 in Aussicht gestellt. Sollten Sie dies in Anspruch nehmen wollen, so müssen Sie jedoch ausdrücklich Stundungsanträge mit Angabe von Gründen bei den Krankenkassen stellen.

7. Steuern

-       Fällige Steuern können zinslos gestundet werden, wenn sie aufgrund wirtschaftlicher Probleme aufgrund der Corona-Pandemie nicht beglichen werden können.

-       Anstehende Steuervorauszahlungen sollen anstandslos auch auf 0 herabgesetzt werden können, wenn man glaubhaft machen kann, dass sich die wirtschaftliche Situation aufgrund der Corona-Pandemie deutlich verschlechtert hat.

-       Vollstreckungsmaßnahmen sollen ausgesetzt werden.

Fazit

1.

Im Rahmen der diversen Sonderprogramme ist es möglich, sich Liquidität zu verschaffen.

2.

Durch Kurzarbeitergeldanträge und Stundungsanträge bei den Kassen ist eine Reduzierung der Lohnbelastung möglich.

3.

Versuchen Sie, Zahlungsabreden mit Gläubigern zu treffen, soweit dies unter Berücksichtigung der Leistungsverweigerungsrechte machbar ist.

4.

Vereinbaren Sie mit Vermietern und Kreditgebern Regelungen, soweit diese mit den Sonderregelungen vereinbar sind.

5.

Klären Sie mit der Finanzverwaltung, inwieweit es zur Anpassung von Vorauszahlungen und ggf. Stundungsvereinbarung kommen kann.

Sollten Sie weitere Fragen zu diesem Thema haben, so wenden Sie sich gern jederzeit an Rechtsanwalt Stefan Engelhardt, 040/769999-0, stefan.engelhardt@roggelin.de.