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Arbeitszeiterfassung, Fingerabdruck und Persönlichkeitsrecht

Spätestens seit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sowie den entsprechenden Änderungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) ist eine erhebliche Sensibilisierung in Richtung Datenschutz erfolgt.

Das Arbeitsgericht Berlin hat sich in einer Entscheidung vom 16.10.2019, 29 Ca 5451/19, mit der Frage auseinandergesetzt, ob Arbeitnehmer verpflichtet sind, die Arbeitszeiterfassung durch ein Fingerabdrucksystem zu akzeptieren.

Der Arbeitgeber des Klägers dieses Verfahrens führte ein Zeiterfassungssystem ein. Die Mitarbeiter sollten sich dabei mit ihren Fingerabdrücken an- und abmelden. Ob es sich um die Fingerabdrücke der jeweiligen Mitarbeiter handelte, war im System entsprechend abgespeichert, weil aus dem Fingerabdruck des jeweiligen Mitarbeiters so genannte Minutien extrahiert wurden. Dabei handelt es sich um individuelle und nicht vererbbare Fingerlinienverzweigungen.

Der gesamte Fingerabdruck des Mitarbeiters wurde nicht gespeichert.

Der Kläger weigerte sich jedoch, Konsequenz waren Abmahnungen aufgrund der Weigerung.

Nachdem er von seinem Arbeitgeber die Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte verlangt hatte und dies abgelehnt worden war, nahm er schließlich die Hilfe des Arbeitsgerichts in Anspruch.

Mit Erfolg!

Das Arbeitsgericht Berlin hat den Arbeitgeber des Klägers verurteilt, die Abmahnungen aus der Personalakte zu entfernen. Diese waren zu Unrecht ausgesprochen worden, weil der Kläger nicht verpflichtet war, an dem neuen Zeiterfassungssystem teilzunehmen.

Die hier verwendeten Minutiendaten sind biometrische Daten gemäß Art. 9 Abs. 1 DSGVO und besondere Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des § 26 Abs. 3 BDSG.

Solche Daten können die Privatsphäre eines Arbeitnehmers und sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung im besonderen Maße verletzen, so dass die Verarbeitung gemäß Art. 9 Abs. 1 DSGVO grundsätzlich verboten ist.

Ausnahmsweise kann die Verarbeitung jedoch zulässig sein, nämlich, wenn sie beispielsweise erforderlich ist oder aber eine freiwillige Einwilligung vorliegt.

Eine Einwilligung des Klägers lag nicht vor, so dass das Gericht prüfen musste, ob die Verarbeitung der Daten erforderlich war. Erforderlich meint in diesem Falle, dass das Verfahren geeignet sein muss, ein weniger einschneidendes Mittel nicht existiert und eine Gesamtabwägung zu Gunsten des Arbeitgebers ausfällt. Das Arbeitsgericht Berlin hat eine Erforderlichkeit im Ergebnis abgelehnt, weil das bisherige Zeiterfassungssystem nicht in erheblicher Weise missbraucht worden war und nur ein solcher Missbrauch das neue System rechtfertigen konnte.

Der Arbeitgeber dieses Verfahrens wollte diese Entscheidung nicht nachvollziehen und hat Berufung eingelegt. Es bleibt abzuwarten, wie das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hier entscheiden wird.