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Auswirkungen der Covid19-Pandemie auf gewerbliche Mietverhältnisse

In den letzten Monaten gab es zahlreiche Diskussionen, ob und wenn ja wie sich Corona auf die Zahlungsverpflichtung im Rahmen von Mietverhältnissen auswirkt.

Eine interessante Entscheidung dazu hat das Landgericht Zweibrücken am 11.09.2020, HKO 17/20 getroffen.

Geklagt hatte ein Vermieter auf Zahlung aus einem Mietvertrag über Gewerberäume.

Die beklagte Mieterin musste nach einer entsprechenden behördlichen Anordnung die Filiale für den Publikumsverkehr vom 18.03. bis 20.04.2020 schließen. Sie zahlte die vereinbarte Miete samt Nebenkosten und Umsatzsteuer für April 2020 nicht. Nachdem ab dem 20.04.2020 der Filialbetrieb wieder uneingeschränkt aufgenommen werden konnte, hatte die Beklagte in diesem Verfahren hilfsweise die Aufrechnung mit der anteiligen Märzmiete erklärt.

Sie hatte mit diesem Vorgehen jedoch keinen Erfolg.

Das Landgericht hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass der Zahlungsanspruch des Vermieters weder wegen eines Mangels, noch durch eine Unmöglichkeit der Leistungserbringung durch den Vermieter, noch nach den Grundsätzen der gestörten Geschäftsgrundlage ganz oder teilweise zu mindern oder anzupassen war!

Im Mietvertrag waren Regelungen für eine solchen Fall nicht enthalten, insbesondere gab es keine Abhängigkeit der Miethöhe vom Umsatz, es gab auch keine gesetzlichen Neuregelungen, die sich mit der Mietzahlung in Gewerbemietverhältnissen befassen. Der Bundestag hat im Gegenteil in der amtlichen Begründung für die neue gesetzliche Regelung in Art. 240 § 1 Abs. 1, Abs. 2 EGBGB betont, dass die Mietzahlungspflicht im Grundsatz bestehen bleibt. Geprüft hatte das Landgericht weiter, ob gemäß § 536 Abs. 1 BGB die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufgehoben oder gemindert war, so dass die Miete gemindert bzw. ganz ausgesetzt werden könnte.

Die Voraussetzungen hierfür lagen nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht vor. Öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse stellen nur dann einen Sachmangel dar, wenn sie unmittelbar auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und ihre Ursache nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters haben. Wenn die Mietsache weiter grundsätzlich zur Nutzung geeignet und lediglich der geschäftliche Erfolg des Mieters betroffen ist, realisiert sich das Verwendungsrisiko, das vom Mieter zu tragen ist. Es realisiert sich jedoch nicht das sogenannte Gebrauchsüberlassungsrisiko, das vom Vermieter zu tragen wäre.

Die behördliche Anordnung zur Schließung steht in keinerlei Zusammenhang mit der Beschaffenheit der streitgegenständlichen Räumlichkeiten.

Auch eine Herabsetzung oder ein Ausschluss der Mietzahlungsverpflichtung gemäß § 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 bis 3, 441 Abs. 3 BGB analog kommt nach Auffassung des Gerichts hier nicht in Betracht.

Danach braucht der Schuldner seine Leistung nicht zu erbringen, wenn die Leistung für den Schuldner unmöglich wird, gleichzeitig entfällt der Anspruch auf Gegenleistung, wobei bei einer fortbestehenden Teilleistung die Zahlungspflicht entsprechend herabzusetzen ist.

Die behördlichen Beschränkungen haben die Gebrauchsüberlassungsverpflichtung unberührt gelassen und richten sich ausschließlich gegen die Nutzung und damit das Verwendungsrisiko des Mieters. Die behördliche Beschränkung richtet sich unmittelbar nur an den Betriebsinhaber und hat keinen unmittelbaren Einfluss auf das Innenverhältnis von Vermieter und Mieter.

Auch der Gesichtspunkt der sogenannten Störung der Geschäftsgrundlage führt nicht zu einem Erfolg der Klage. Wenn sich die Grundlagen des Vertrags nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht so oder gar nicht abgeschlossen hätten, wenn die Veränderungen voraussehbar gewesen wären, kann gemäß § 313 Abs. 1 BGB eine Anpassung des Vertrags verlangt werden, wenn dem Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls das Festhalten an den unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Gegen eine solche Regelung spricht nach Auffassung des Gerichts bereits die Tatsache, dass Art. 240 § 1 EGBGB n.F. wohl vorrangig ist. Aber selbst wenn man von der Anwendbarkeit des Grundsatzes der Störung der Geschäftsgrundlage ausgehen würde, würde sich im Ergebnis nichts ändern, weil eine insoweit durchzuführende Interessenabwägung eine Reduzierung der Miethöhe nicht rechtfertigt. Durch die behördlichen Beschränkungen ist nämlich nicht nur der Mieter betroffen, sondern auch der Vermieter, weil er regelmäßig unabhängig von der tatsächlichen Nutzung durch den Mieter weiterhin fortlaufende Finanzierungs- und Erhaltungsmaßnahmekosten zu erbringen hat. Auch ein Vermieter ist regelmäßig auf die Einnahmen aus Vermietung zur Deckung des Lebensunterhalts angewiesen!

Das Gericht hat außerdem angemerkt, dass Gewerbetreibende bei erheblichen Beeinträchtigungen durch Covid19 Ausgleichsansprüche über den Staat in Anspruch nehmen können, auch die Umsatzsteuer ist vom Gesetzgeber zugunsten der Zahlungsverpflichteten vorübergehend reduziert worden.

Außerdem können Mieter durch den Abschluss einer privaten Betriebsausfallversicherung schon im Vorfeld eines solchen Vorfalls das Risiko minimieren. Die Nutzung der Räume als Lager, Büro und als Vertriebsstätte eines möglichen Onlinehandels waren zudem von den streitgegenständlichen Maßnahmen unberührt.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass es aufgrund der eingeschränkten Nutzung auch zu Einsparungen bei den verbrauchsbezogenen Nebenkosten kommt. Ein Gewerbetreibender ist grundsätzlich als Unternehmer auch gehalten, Kompensationsmaßnahmen zu kreieren, wie beispielsweise einen Onlineshop, Gutscheinmodelle, Rabattaktionen etc., bevor er überhaupt Anpassungen eines bestehenden Vertrages verlangen könnte.

Somit kommt eine Anpassung jedenfalls nicht schon ab dem ersten oder zweiten Monat der Auswirkung der behördlichen Beschränkungen in Betracht. Einem Unternehmer ist es zumutbar, auch auf unvorhergesehene Umsatzeinbußen kurzfristig auf andere Weise zu reagieren, als seine eigenen Vertragspflichten zu vernachlässigen.

Erst wenn das Festhalten an einem Vertrag zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führt, kann auch eine Anpassung des Vertrags erforderlich werden.

Es kann auch eine Rolle spielen, ob es sich um ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen handelt oder nicht. Ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen kann schwankende Umsatzzahlen und kurzzeitige Umsatzeinbußen regelmäßig verkraften, ohne dass Vertragsanpassungen notwendig wären.

Vorsorglich hat das Gericht darauf hingewiesen, dass auch bei einer Bejahung der Voraussetzungen der Störung der Geschäftsgrundlage die dann gebotene Vertragsanpassung sofort in Form der Herabsetzung der Miete, nicht selbstverständlich ist. Nach Auffassung des Gerichtes wäre es naheliegender und sachgerechter, vorübergehende zeitlich begrenzte Vertragsanpassungen, wie Stundungen, hinsichtlich der Mietzahlungsverpflichtung zu berücksichtigen.