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Haften Eltern für ihre Kinder?

Dass es im Laufe eines Mietverhältnisses zu Zerrüttungen zwischen den Mietparteien
kommt, ist nicht selten.

 

Einen besonderen Fall hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit einem Urteil vom 11.09.2018, 2 U 55/18, entschieden.

 

Geklagt hatte eine Vermieterin, die der Beklagten Räumlichkeiten für einen Backshop vermietet hatte, die Vermieterin selbst wohnte mit ihrer Familie im selben Haus.

 

Nachdem die Vermieterin das Mietverhältnis fristgerecht zum 31.05.2018 gekündigt hatte, kam es zu weiteren Eskalationen.

 

Man begann sich wechselseitig zu filmen, zu fotografieren, Kameras zu installieren und
Gespräche mitzuschneiden. Schließlich kam es zwischen den Söhnen der Parteien zu einer
Schlägerei, die sorgfältig dokumentiert wurde. Beide Mütter filmten nämlich das Geschehen, in dessen Rahmen der Sohn der Vermieterin getreten und verletzt wurde, als er am Boden lag. Der Sohn der Mieterin hatte zudem eine Überwachungskamera der Vermieterin zerstört.

 

Als die Mieterin der Auffassung war, dass der Sohn der Vermieterin sie beleidigt hatte, erstattete deren Anwältin Strafanzeige wegen Beleidigung und Morddrohungen sowie weitere Delikte und führte das Verhalten des Sohnes des Mieterin offenbar auch darauf zurück, dass die Vermieterseite türkischer Herkunft war. Die Vermieterin fand dies wenig witzig und sprach daraufhin eine fristlose Kündigung zum 06. Oktober 2017 aus

 

Das in erster Instanz befasste Landgericht erachtete die außerordentliche Kündigung als unwirksam, die ordentliche Kündigung aber als wirksam.

 

Im Ergebnis wurde diese Entscheidung durch das Oberlandesgericht bestätigt. Die Entscheidung ist inzwischen rechtskräftig.

 

Einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung konnte das Gericht nicht erkennen, denn die Schlägerei zwischen den Söhnen der Parteien rechtfertigt eine fristlose Kündigung nicht, weil das Verhalten ihres Sohnes der Mieterin der Auffassung des Gerichtes nicht per se zugeordnet werden kann. Die Vermieterin hätte vorher eine Abmahnung aussprechen müssen.

 

Hinsichtlich des Aufstellens von Überwachungskameras ist zwar ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gegeben, den gleichen Verstoß hat sich jedoch auch die Vermieterin zu schulde kommen lassen, sodass sie sich auf das Fehlverhalten der Mieterseite nicht berufen kann.

 

Die Strafanzeige der Anwältin der Mieterin ist ebenfalls kein Grund zur außerordentlichen Kündigung, weil Äußerungen in einer Strafanzeige grundsätzlich dem Recht der freien Meinungsäußerung unterfallen, selbst wenn dies polemisch oder überspitzt ist.

 

Zwar war das Gericht der Auffassung, dass die Erwähnung der Herkunft der Familie der Vermieterin fremdenfeindlich sei, allerdings sei nicht nachgewiesen, dass sich die Mieterin die Bewertung ihrer Anwältin zu eigen gemacht hatte.