?
X

Bitte wählen Sie Ihre Sprache:

X

Kündigung wegen Neubauvorhabens

Das Landgericht Oldenburg hat sich in einer Entscheidung vom 26.11.2019, 16 S 328/18, mit einem nicht seltenen Fall auseinanderzusetzen gehabt.

Auf Beklagtenseite fand sich die Betreiberin einer Heilpraktikerpraxis, die nicht nur ihre Praxis, sondern auch ihre Wohnung in einer Erdgeschosswohnung angemietet hatte. Im Jahr 2006/2007 wurde die Wohnung mit einer neuen Wärmeisolation versehen, das Bad und das WC wurden erneuert sowie die Böden der Wohnung ausgewechselt.

Schließich wurde die Immobilie veräußert und zwar an die Klägerin, die ein Bauunternehmen und eine Zimmerei betreibt.

Mitte 2017 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis fristgerecht und begründete dies damit, dass sie beabsichtige, das Haus abzureißen und durch ein Mehrfamilienhaus mit mindestens 8 Wohneinheiten zu ersetzen.

Dabei werde sie voraussichtlich monatliche Erlöse von € 3.500,00 erzielen, die derzeitigen monatlichen Erträge lagen bei € 1.000,00.

Die Beklagte war damit nicht einverstanden, widersprach der Kündigung und verlangte die Fortsetzung des Mietverhältnisses, sodass es zum Räumungsverfahren kam.

Das Amtsgericht hatte der Räumungsklage noch stattgegeben, das Landgericht sah dies jedoch anders und wies die Räumungsklage ab.

Das Landgericht hatte hier Zweifel, ob überhaupt eine Begründung für die Kündigung vorgelegen hat, die hinreichend in die Einzelheiten geht, da diese lediglich oberflächlich damit begründet war, dass ein neues Mehrfamilienhaus € 2.500,00 mehr an Erlös bringen werde.

Das Landgericht hat die Klage schließlich deswegen abgewiesen, weil es der Auffassung war, dass im Fortbestand des Mietvertrages ein erheblicher Nachteil für die Klägerin nicht gesehen werden konnte.

Es hat ausdrücklich betont, dass das Bestandsinteresse des Mieters am Festhalten des Mietverhältnisses der Wohnung als Lebensmittelpunkt dem Verwertungsinteresse des Vermieters vorgeht.

Das Gericht konnte auch nicht feststellen, dass der Fortbestand des Mietobjektes unwirtschaftlich sei, da die Klägerin vorgetragen hatte, € 2,0 Mio. investieren zu wollen, um dann anschließend eine um € 2.500,00 höheren Ertrag generieren zu können.

Die Klägerin hat beim Kauf gewusst, dass das Haus vermietet war und hat das Risiko bewusst in Kauf genommen.

Der Mietvertrag bestand seit über 10 Jahren, die Beklagte hat dort einen gefestigten Lebensmittelpunkt nicht nur in privater Hinsicht, sondern auch ihre berufliche Existenz mit ihrer Heilpraktikerpraxis. Da angemessene Räumlichkeiten sowohl für Wohnzwecke als auch für die Praxis schwer zu finden sind, war die Klage schließlich abzuweisen, zumal die Beklagte ein nachvollziehbares Interesse hat, in der Nähe ihres bisherigen Patientenstamms zu bleiben.