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Tratsch im Treppenhaus

Die freie Meinungsäußerung gilt auch für Mieter, jedoch nicht ohne Grenzen.

Einen vermutlich nicht ganz seltenen Sachverhalt hat das Amtsgericht Euskirchen am 16.01.2020, 33 C 63/19, zu beurteilen gehabt.

Im März 2019 wurde den Mietern fristlos, hilfsweise fristgerecht gekündigt, weil sie sich in einem Schreiben an Mitmieter kritisch über die Nebenkostenabrechnung des Vermieters für das Jahr 2017/2018 geäußert hatten.

In diesem Schreiben hatten die Mieter errechnet, dass die in Rechnung gestellten Reinigungskosten über 200 % höher waren als im Vergleichszeitraum der letzten Abrechnung.

Außerdem erlaubte man sich die Bezeichnung dieser Preissteigerung als „Wucher“.

Dies beurteilte der Vermieter zwar nicht als Majestätsbeleidigung, jedoch als üble Nachrede und Beleidigung und warf den Mietern vor, andere Mieter gegen ihn aufzuhetzen und für Unfrieden in der Hausgemeinschaft zu sorgen.

Nachdem wenig überraschend die Mieter nicht bereit waren auszuziehen, erhob der Vermieter schließlich Räumungsklage.

Er musste sich vor dem Amtsgericht Euskirchen allerdings sagen lassen, dass die Mieter keinerlei Vertragsverletzung gemäß § 543 Abs. 1 BGB begangen haben bzw. den Hausfrieden im Sinne des § 569 Abs. 2 BGB nachhaltig gestört haben.

Es hat sich hier vielmehr um eine sachliche Auseinandersetzung mit der Nebenkostenabrechnung gehandelt, die ohne reißerische oder ehrverletzende Formulierungen ausgekommen ist.

Erst recht konnte nicht von einer üblen Nachrede oder Aufwiegelung der Hausgemeinschaft die Rede sein.

Das Amtsgericht hat betont, dass ein Vermieter nicht erwarten kann, dass jede von ihm erstellte Nebenkostenabrechnung auch widerspruchslos akzeptiert wird. Mehrfamilienhäusern ist es eben eigen, dass damit gerechnet werden muss, dass sich Mieter zur Regelung ihrer Interessen auch zusammenschließen, insbesondere dann, wenn es erhebliche Abweichungen zu den bisher abgerechneten Kosten gibt.

Nicht nur die außerordentliche Kündigung war unwirksam, nach Auffassung des Amtsgerichts Euskirchen war auch die ordentliche Kündigung unwirksam, weil mit dem Begriff „Wucher“ eine erhebliche Pflichtverletzung im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht vorliegt.

Zudem hätte der Vermieter vorher abmahnen müssen.