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Wenn Mieter eine Alternativwohnung ablehnen…

Eine interessante Entscheidung hat das Amtsgericht München am 27.10.2020, 473 C 2138/20, veröffentlicht.

Wie so häufig ging es um eine Eigenbedarfskündigung, die Anfang Februar 2019 durch die Vermieterin ausgesprochen wurde, weil sie die Wohnung für ihren Enkel und dessen Sohn nutzen wollte.

Die Beklagte wohnte seit 1989 in der betreffenden 3-Zimmer-Wohnung im dritten Obergeschoss mit einer ausgesprochen günstigen Miete von € 370,00 zuzüglich einer Pauschale von € 10,00 für die Treppenreinigung.

Ende März 2019 bot die Klägerin der Beklagten eine freiwerdende Wohnung als Alternativwohnung an und bat um diesbezügliche Rückäußerung bis Ende April 2019. Sie gab den 01.07.2019 als möglichen Vertragsbeginn an, die monatliche Teilinklusivmiete sollte € 640,00 zuzüglich einer Pauschale für die Treppenreinigung von € 10,00 betragen. Die Alternativwohnung hatte eine Fläche von 55 m² und sei ihrer Auffassung nach für eine Einzelperson ausreichend. Sie liegt lediglich ein Stockwerk höher als die bisherige Wohnung der Beklagten.

Die Beklagte äußerte sich auch auf dieses Schreiben nicht, so dass die Klägerin ihr Anfang Mai 2019 mitteilte, dass die angebotene Alternativwohnung ab Ende Mai an andere Mietinteressenten vergeben werde.

Auch hierauf erfolgte keine Reaktion der Beklagten. Erst Anfang Dezember 2019 äußerte sich der Mieterverein für die Beklagte und ließ die Kündigung zurückweisen. Er begründete dies insbesondere damit, dass Härtegründe vorliegen würden, insbesondere aus medizinischer Sicht sei die Beklagte nicht in der Lage umzuziehen, sie beziehe eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung und sei zu 50 % schwerbehindert.

Unter Abwägung der Interessen der Beteiligten sei daher die Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit erforderlich.

Dies sah das Amtsgericht München anders und gab der Räumungsklage statt. Der Beklagten wurde eine Räumungsfrist bis zum 31.03.2021 gewährt.

In den Entscheidungsgründen hat das Amtsgericht ausgeführt, dass ein Wohnbedarf für den Enkel der Klägerin und dessen Sohn grundsätzlich ein angemessener Eigenbedarfsgrund ist. Das Gericht hatte die Überzeugung gewonnen, dass die Klägerin hinreichend eindeutig vorgetragen hat, dass ihr Enkel und ihr Urenkel die streitgegenständliche Wohnung selbst bewohnen wollten. Dieser Wunsch beruht unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auch auf vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen, so dass dieser Wunsch für das Gericht überzeugend war.

Einen Anspruch der Beklagten auf Fortsetzung des Mietverhältnisses konnte das Gericht nicht erkennen. Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin eine Alternativwohnung im selben Haus angeboten hatte, die der Beklagten zumutbar gewesen wäre, könne sich die Beklagte jetzt nicht auf die Härtegründe berufen. Sie hat sich auf das Angebot der Klägerin zu keinem Zeitpunkt geäußert. Die Rechtsfolge einer unbegründeten Ablehnung einer Alternativwohnung ist, dass die Mieterseite keine Berechtigung mehr hat, sich auf die Härteeinwände zu berufen, die mit der Annahme der zumutbaren Alternativwohnung gar nicht eingetreten wären. Es wäre rechtsmissbräuchlich, einem Vermieter Härtegründe vorhalten zu können, die der Mieter durch seine unbegründete Ablehnung einer zumutbaren Alternativwohnung selbst herbeigeführt hat.